Chronologie von der Lücke zum Implantat
Jede implantologische Versorgung besitzt ihren ganz individuellen Ablauf – an dieser Stelle kann anhand einzelner Beispiele nur ein Grundverständnis für das Procedere geschaffen werden. Primär hängt der Aufwand einer Implantation vom Angebot des Restknochens im konkreten Areal ab. Um das Knochenvolumen dort zu bestimmen, fertigt der Zahnarzt zuerst ein Röntgenbild an. Dies kann ein 2-dimensionales Panoramabild (OPG) sein, in komplexeren Fällen wird ein 3-dimensionales Röntgenbild (DVT) veranlasst. Das stellt sicher, dass sämtliche Strukturen untersucht werden können, keine Nervenbahnen verletzt werden und bereits jetzt die exakte Position des Implantates festgelegt wird. Ist genügend Knochenangebot vorhanden, erfolgt der ambulante Eingriff in der zahnärztlichen Praxis unter lokaler Betäubung: Der Zahnarzt verschafft sich mit einem kleinen Schnitt Zugang zum Kieferknochen.
Schrittweise bohrt er dann vorsichtig eine kleine, passgenaue Öffnung in den Kiefer unter zu Hilfenahme von Bohrschablonen – ein entscheidender Schritt, denn bereits jetzt wird die exakte Position des Implantates festgelegt. Hier wird nun die Titanschraube eingedreht und das Innengewinde mit einer flachen Deckschraube versehen. Anschließend wird die Öffnung im Zahnfleisch über der Schraube mikrochirurgisch wieder verschlossen. Nun beginnt eine Einheilungsphase von zirka 10-12 Wochen. Dieser Prozess ist in der Regel schmerzfrei. Um das Implantat anschließend mit einer Krone zu versorgen, muss auch das Zahnfleisch vorbereitet werden, es soll die Krone schließlich wie einen echten Zahn umschließen. Zu diesem Zweck wird das Zahnfleisch erneut geöffnet und die Deckschraube durch einen Zahnfleischformer ersetzt.Nach etwa 14 Tagen wird der Zahnfleischformer wieder entfernt und ein Abformpfosten auf das Implantat aufgeschraubt.
Jetzt kann eine Abformung erfolgen, die der Zahntechniker zur Herstellung des Zahnersatzes heranzieht. Nach zirka 14 Tagen erfolgt dann die Anprobe und Eingliederung im Mund des Patienten durch den Zahnarzt. Die Krone wird dabei auf den Implantataufbau (= Abutment) zementiert oder verklebt. Abutment und Krone können aber auch eine Einheit bilden und direkt auf das Implantat geschraubt werden. Alle Varianten haben ihre wissenschaftliche Berechtigung, Ihr Zahnarzt wird sie mit Ihnen diskutieren. Ist die Krone eingesetzt, beginnt die Belastungsphase für das Implantat. Durch das Kauen wird Kraft über das Implantat in den Knochen geleitet und es kommt zu weiteren Umbauvorgängen im Knochen- und Weichgewebe. Genau diese finalen Prozesse münden in einer starken, belastungsfähigen Einheit und einem ästhetischen Gesamtbild – unbeschwertes Kauen und freies Lachen inklusive.
Wenn nicht ausreichend Knochen vorhanden ist
Bei zirka 50% der Implantationen liegt nicht ausreichend Knochen vor. In solchen Fällen muss eine „gesteuerte Knochenregeneration“ vorgenommen werden, d.h. der Knochen wird in einer separaten Sitzung vorher oder simultan bei der Implantation aufgebaut. Hierfür existieren mannigfaltige, wissenschaftlich untersuchte Verfahren. Es kann körpereigener Knochen verpflanzt oder künstlicher Knochen zum Aufbau benutzt werden – oft in Kombination mit Membranen. Manchmal ist auch ein sog. „Sinuslift“ nötig: Wenn sich z.B. durch Parodontitis der Knochen im Bereich der Oberkiefer-Seitenzähne zurückgezogen hat, kann der knöcherne Boden der Kieferhöhle (=Sinusboden) mit Knochenersatzmaterial und einer Membran angehoben und verdickt werden, um Knochenvolumen zu gewinnen. Die Prognose dieser bewährten Technik ist als extrem gut ein zu stufen. Die zirka 10-12 Wochen Einheilzeit bei Implantation verlängern sich durch Knochenaufbauten teilweise auf bis zu neun Monaten. Unsere körpereigene Biologie fordert so viel Zeit, um das eingebrachte Material um- bzw. abzubauen und durch körpereigenen Knochen zu ersetzen.
Wenn nicht ausreichend Weichgewebe vorhanden ist
Ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg einer Implantation ist auch das Zahnfleisch. Eine Weichgewebemanschette in ausreichender Dicke und Qualität schützt das Implantat vor dem Eindringen schädlicher Bakterien und ist damit essentiell für eine langfristige Prognose. Außerdem entscheidet das Weichgewebe – neben der Zahnkrone – maßgeblich über die Ästhetik. Spezialisierte Implantologen können durch korrekte chirurgische Techniken das fehlende Weichgewebe wieder herstellen. Das ist die Königsdisziplin der Implantologie und schafft eine perfekte Synergie zur ästhetischen Zahnheilkunde.
Die Frage nach der Narkose
In der Regel wird eine Implantation unter lokaler Betäubung durchgeführt. In seltenen Fällen werden aufwendige Implantationen mit umfangreichen Knochenaufbauten in Vollnarkose bzw. Dämmerschlaf durchgeführt. Ist dies erwünscht, wird dies beim Beratungsgespräch mit dem Zahnarzt geklärt.
Risiken einer Implantation
Wie bei jeder Operation besteht auch hier eine Infektionsgefahr. Da der Mund ein „offenes“ System ist, ist ein steriles Arbeiten nahezu unmöglich – auch wenn das OP-Team sämtliche Vorkehrungen trifft. Die natürliche Keimbesiedlung des Mundes birgt unweigerlich ein Risiko. Als Voraussetzung sollten deswegen alle Infektionsherde vorher therapiert sein, wie z.B. eine aktive Parodontitis oder ein zur Implantationsstelle benachbarter, infizierter Zahn. Teilweise ist auch eine antibiotische Abschirmung sinnvoll. Dies muss von Fall zu Fall vorab geklärt werden. Außerdem ist eine entsprechende häusliche Mundhygiene des Patienten erforderlich. Ein extrem hohes Risiko birgt übrigens das Rauchen. Es mindert die Durchblutung des Operationsfeldes, setzt die Infektionsabwehr herab und erhöht somit erwiesenermaßen das Risiko von Parodontitis und Periimplantitis um ein Vielfaches. Auch Diabetiker bringen ein schlechteres Wundheilungsverhalten mit und sollten vorab unbedingt gut eingestellt sein. In seltenen Fällen kann es bei der Implantation zur Verletzung von benachbarten Strukturen (z.B. Nerven im Unterkiefer) oder Zahnwurzeln kommen. Eine gute Diagnostik und eine DVT-gestützte Planung minimieren dieses Risiko.
Außerdem kann es während und nach der Operation zu unerwünschten Blutungen und somit Schwellungen kommen. Auch Schmerzen sind nach operativen Eingriffen nicht völlig ausgeschlossen, können aber durch Medikation mit leichtem Schmerzmittel gut beherrscht werden. Die Erfahrung zeigt, dass nach einfachen Implantationen fast nie Schmerzmittel eingesetzt werden müssen – wenn überhaupt, dann nur kurzzeitig.
Der Verlust des Implantates ist im Frühstadium durch eine Überlastung oder Infektion, im Spätstadium durch eine Periimplantitis möglich. Daher sollten die folgenden Verhaltensregeln eingehalten werden:
- In den ersten drei Tagen können Schwellungen auftreten, die nach sechs Tagen wieder abklingen. Blutergüsse sind nach einem Zeitraum von etwa zehn Tagen meist nicht mehr zu erkennen.
- Das Kühlen ist in den ersten 48 Stunden sehr wichtig, um Schwellungen einzudämmen und damit den Zug auf die Wundfläche zu minimieren.
- Beim Schlafen sollte man den Kopf und Oberkörper erhöht lagern und nicht auf der behandelten Kopfseite schlafen.
- In den ersten Tagen sind Sport, körperliche Anstrengung und Saunabesuche zu vermeiden.
- Beim Essen ist auf vorsichtiges Kauen zu achten.
- Rauchen, koffeinhaltige Getränke und Alkohol sind zu vermeiden.
- Eventuell verordnete Antibiotika oder Medikamente sind genau nach Angaben ein zu nehmen.
Die Sofortimplantation
In ausgewählten Fällen kann bei ausreichendem Knochenangebot direkt nach der Entfernung eines Zahnes ein Implantat gesetzt werden. Solch eine Sofortimplantation ist möglich, wenn keine akuten Entzündungen vorliegen und ausreichend Kieferknochen für eine sichere und feste Verankerung des Implantats vorhanden ist. Als Alternative zur Sofortimplantation kommt in einigen Fällen auch die Frühimplantation in Frage, also bereits sechs bis acht Wochen nach der Zahnextraktion.
Sofortbelastung und Sofortversorgung
Eine Sofortversorgung bedeutet, dass unmittelbar nach der Implantation ein festsitzendes Provisorium (meist eine einfache Zahnkrone aus Kunststoff) auf dem Implantat verankert wird. Dadurch kann ein herausnehmbares Provisorium (Prothese oder Kunststoffschiene) vermieden werden. Voraussetzung für die Sofortversorgung ist eine sehr hohe primäre Stabilität des Implantats. Von der Sofortversorgung ist die Sofortbelastung zu unterscheiden, wenn also die volle Kaubelastung auf das Implantat trifft. Das ist möglich, wenn mehrere Implantate gesetzt wurden und der innerhalb weniger Tage angefertigte Zahnersatz aus einer fest miteinander verblockten Konstruktion besteht.